Mal ganz ehrlich – wer würde schon ein E-Book mit ins entspannende Wannenbad nehmen? Oder an den Strand? Wer würde es einem Freund leihen oder schenken? Wer stapelweise auf den Tisch legen, bei Kerzenschein darin schmökern, mit Lesezeichen oder Eselsohren versehen? Und wer würde es ins Bücherregal stellen?

Niemand? Richtig. Ein E-Book ist kein Buch im herkömmlichen Sinne, sondern ein moderner Gebrauchsgegenstand. Es schenkt dem Leser keine sinnlichen Erfahrungen durch Umblättern der Seiten, Druckerschwärze oder einen ganz speziellen, alten und vielleicht etwas modrigen Geruch. Es ist nicht Ausdruck von Lebensqualität und Kultur. Und Genuss natürlich. Das ist jedenfalls meine Meinung.

Kann sein, vielleicht bin ich in Bezug auf Bücher etwas altmodisch. Um mir vorstellen zu können, dass in gar nicht allzu ferner Zeit ein elektronisches Gerät den Buchdruck ersetzen könnte, liebe ich das geschriebene und gedruckte Wort auf dem guten, alten Papier viel zu sehr. Damit bin ich aufgewachsen – Bücher haben mich amüsiert, fasziniert, irritiert; sie haben mir Trost gespendet oder Wissen vermittelt. Bücher gehören zu meinem Leben wie die tägliche Dusche oder ein gutes Essen.

Mit der erstmaligen Verleihung eines deutschen E-Book-Preises ist die Frankfurter Buchmesse 2011 ein Stück weit auf dem Weg zur IT-Messe, wenn auch anscheinend etwas widerwillig: „Die Buchmesse hat keine andere Wahl als auf veränderte Gewohnheiten zu reagieren“, stellte Buchmesse-Direktor Jürgen Boos bei der Eröffnung fest. Der mit dem Deutschen Buchpreis gekürte Roman Eugen Ruges „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ ist dieses Jahr erstmals elektronisch lieferbar. Dem E-Book wird der Durchbruch vorhergesagt – zumindest Thalia-Chef Michael Busch geht davon aus, dass durch das Weihnachtsgeschäft der ultimative Schub entstehen und sich der E-Book-Marktanteil von aktuell weniger als zwei Prozent in den nächsten zwei Jahren Richtung zehn Prozent bewegen wird. Eine Studie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels rechnet etwas verhaltener mit etwa fünf Jahren für zehn Prozent Verbreitung.

Diese Zahlen sind vom Verschwinden des herkömmlichen Buches meilenweit entfernt. Wie beruhigend, meine Kuschelecke behalte ich also voraussichtlich so lange ich lesen kann. Tatsache ist, dass mehr als die Hälfte der Deutschen noch nicht einmal einen blassen Schimmer davon hat, was ein E-Book ist – das ergab eine Untersuchung des Beratungshauses PricewaterhouseCoopers. In anderen Ländern ist die elektronische Lektüre wesentlich populärer: In den USA zum Beispiel wurden 2010 bereits 14 Prozent der Bücher in elektronischer Form verkauft, ähnlich sieht es in Großbritannien aus und in Spanien sind es immerhin zwölf Prozent. Sind die Leser dieser Länder moderner als die Deutschen? Oder haben sie nur das bessere Angebot zum Beispiel an E-Readern und in Deutschland sähe die Marktsituation bei einem vergleichbaren Angebot ähnlich aus? Fest steht, dass mehr als 50 Prozent der E-Books aktuell Fachbücher sind, Belletristik macht lediglich zehn Prozent aus. Auch das könnte ein Grund für die bisher verhaltene Nachfrage der deutschen Leser sein.

Fakt ist aber ebenso, dass der „Wohlfühlfaktor“ beim Lesen eine ganz entscheidende Rolle spielt, was unter anderen eine Studie der Uni Mainz zum Thema Leseverhalten belegt. Somit stehe ich nicht allein auf weiter Flur mit meiner Meinung als antiquierter Bücherwurm, auch das ist beruhigend. Wie auch immer, ich werde unsere lieben Bücher sprichwörtlich im Auge behalten – und in der Zwischenzeit in meiner Kuschelecke ein gutes Buch genießen.