Nun ist es beim besten Willen nicht mehr zu übersehen: Weihnachten steht nicht nur vor der Tür, sondern klopft schon fast mit dem Vorschlaghammer an in Form von omnipräsenter Werbung für Geschenkideen, Rabattschlachten des Einzelhandels, Angeboten für Festtagsmenüs von Restaurants und vielem anderen mehr. Erliegen wir dem Kommerz? Oder versuchen wir auszublenden, was wir nicht hören und sehen mögen und halten es getreu dem Motto der Band „Alte Bekannte“ in ihrem Song „Endlich wieder Weihnachtszeit“?

Eine gute Idee, finde ich. Zumindest hat mich der oben zitierte Song, den ich bisher nicht kannte, zu diesem Beitrag inspiriert. Eine Laienschauspielerin, die Ensemble-Mitglied bei der „Neue Bühne Darmstadt“ ist, trug ihn ganz wunderbar in Gedichtform auf einer weihnachtlichen Lesung vor, die ich vor kurzem besuchte. So lernte ich den Song zum Glück doch noch kennen, in dem es unter anderem heißt „Weihnachten ist, was im Kopf passiert“ und „die Handys aus, die Herzen auf“. Schön wär´s, oder? Was genau bedeutet eigentlich das Wort „Weihnachten“, wo nochmal liegt der Sinn des Weihnachtsfests und wie schaffen wir es, unser ganz persönliches Weihnachten zu denken und zu gestalten?

Was bedeutet das Wort „Weihnachten“?

Der hochdeutsche Ausdruck „Weihnachten“ geht auf den mittelhochdeutschen Begriff wîhe naht oder ze (den) wîhen nahten zurück und bedeutet in den geweihten, heiligen Nächten. Erstmals belegt ist er in der Predigtsammlung Speculum ecclesiae (um 1170) wie folgt:

    „diu gnâde diu anegengete sih an dirre naht: von diu heizet si diu wîhe naht.“

    „Die Gnade kam zu uns in dieser Nacht: daher heißt sie die Heilige Nacht.“

Die Erwähnung der heiligen Nächte sowie die Gnade, von der im obigen Satz die Rede ist, geben einen Hinweis auf die theologische Bedeutung des Weihnachtsfests.

In Kürze: Was ist die theologische Bedeutung und die Geschichte des Weihnachtsfests?

Jesus verkörpert für gläubige Christen den Messias und Sohn Gottes, den Gott zur Erlösung aller Menschen sandte. Für die Geburt Jesu überliefern die Evangelien kein genaues Datum und so ist es eher unwahrscheinlich, dass er am 25. Dezember im Jahr 0 geboren ist. Doch aufgrund von Hypothesen, die in der Religionsgeschichte und in Berechnungen begründet sind, schrieb man im Jahr 355 erstmals dieses Datum für die Geburt des Religionsstifters fest. Zudem feierte man in Europa schon vor der Entstehung des Christentums Winterfeste: Dazu zählten das Sonnengott-Fest „Sol invictus“, das man im antiken Rom vermutlich zur Wintersonnenwende am 25. Dezember begang oder die Saturnalien – ein römischer Brauch, der ab dem 17. Dezember mit Festessen und Geschenken gefeiert wurde. Möglicherweise integrierte man die Feier der Geburt Jesu in das bereits vorhandene Brauchtum.

Während Menschen den Gedenktag an die Geburt Jesu bis ans Ende des 18. Jahrhunderts vor allem in den Kirchen in Form von Gottesdiensten und auf den Straßen in Form von Umzügen und Weihnachtsmärkten feierten, so erlebte das Weihnachtsfest ab diesem Zeitpunkt eine Säkularisierung und damit auch seinen Einzug ins Bürgertum. Mehr und mehr begriff man Weihnachten als besinnliches Fest der Familie und der Liebe. Bis heute feiern viele Menschen mit ihren Angehörigen oder Freunden den 24. Dezember (Heiligabend) als Höhepunkt der Adventszeit mit einem festlichen Essen, Süßigkeiten, Kerzen, einem Weihnachtsbaum und anderem mit dem Weihnachtsfest verbundenen Brauchtum. Besonders für Kinder ist die Bescherung der Höhepunkt des Festes, die in Deutschland am 24. Dezember und in Großbritannien und den USA am 25. Dezember stattfindet. Wer die Geschenke unter den Baum legt, unterscheidet sich ebenfalls: In Deutschland ist es je nach Region das Christkind oder der Weihnachtsmann, in den englischsprachigen Ländern fährt Santa Claus durch den Kamin in die guten Stuben.

Und heute: Alles nur Kommerz?

Weihnachten ist neben Ostern das zweithöchste, kirchliche Fest. Und unabhängig davon, ob man nun religiös ist oder nicht, ist es ursprünglich das Fest der Liebe, der Familie und der Freunde. Ursprünglich. Doch heute lassen wir uns zwischen Schnäppchenjagd, Hetzerei von einem Termin zum anderen und Glühweintrinken auf möglichst vielen Weihnachtsmärkten verschwindend wenig Raum für die innere Einkehr oder Zeit für die wesentlichen Dinge. Allzu oft geben wir penetranter Werbung und gefühlten Zwängen nach und kaufen Geschenke über Geschenke, Gutscheine werden dabei immer beliebter. Doch wer Gutscheine verschenkt, der behält sein wertvollstes Gut für sich: seine Zeit. Zudem meinen wir, noch dringend bis Weihnachten eine To-do-Liste mit gefühlt hundert Positionen abarbeiten zu müssen – sei es nun beruflich oder privat. Warum eigentlich?

Vor allem an Weihnachten, diesem ursprünglichen Fest der Familie, der Freunde und der Liebe, ist weniger oft mehr. Versuchen wir, uns darauf zu besinnen, was Weihnachten ursprünglich ist. Und wie wir es gestalten können, so dass es für uns und die Menschen, die uns am Herzen liegen, etwas ganz Besonderes wird. Weihnachten ist, was im Kopf passiert.